Die Gesundheitssituation von Führungskräften steht zunehmend im Fokus der Präventivmedizin. Dr. Mustafa Altindag präsentierte beim 19. Bodenseekongress 2025 seine Masterarbeit, die unter der wissenschaftlichen Leitung von Prof. Dr. Elmar Wienecke an der FHM in Bielefeld durchgeführt wurde. Das innovative Konzept dieser Studie liegt darin, dass ausschließlich durch gezielte Supplementierung ohne jegliche Ernährungsumstellung eine Verbesserung der Energiezufuhr und des Gesundheitszustands bei hochgestressten Managern in der Türkei erreicht werden sollte.
Gesundheitliche Herausforderungen in der Türkei
Die türkische Bevölkerung steht vor erheblichen gesundheitlichen Herausforderungen. In den letzten 40 Jahren hat sich die Einwohnerzahl von 40 Millionen auf 85 Millionen mehr als verdoppelt, während gleichzeitig das Bevölkerungswachstum unter die 1-Prozent-Hürde gesunken ist. Diese demographische Entwicklung stellt enorme Anforderungen an die Infrastruktur des Gesundheitswesens. Besonders belastend ist die Tatsache, dass Privatpersonen einen erheblichen finanziellen Anteil ihrer Gesundheitsversorgung selbst tragen müssen, der trotz des deutlich niedrigeren Einkommensniveaus im Vergleich zu Europa fast gleich hoch ausfällt.
Die Inanspruchnahme des Gesundheitssystems hat dramatische Ausmaße angenommen. Während im Jahr 2011 in der Türkei noch 240 Millionen Arztbesuche verzeichnet wurden, stieg diese Zahl bis zum vergangenen Jahr auf 450 Millionen an. Statistisch gesehen besucht damit jeder Einwohner der Türkei, Babys eingeschlossen, fünfmal jährlich einen Arzt. Diese enorme Belastung bringt das gesamte Gesundheitssystem an seine Grenzen.
Diabetes und Insulinresistenz als Volkskrankheit
Ein besonders gravierendes Problem stellt die Verbreitung von Diabetes mellitus Typ 2 dar. Die Untersuchungen zeigen, dass der HbA1c-Wert ab dem 50. Lebensjahr dramatisch ansteigt. Nahezu jeder zweite Türke über 50 Jahren leidet an Diabetes Typ 2. Diese erschreckende Entwicklung ist eng mit den Ernährungsgewohnheiten verbunden. Der durchschnittliche Pro-Kopf-Verbrauch an Weißmehl liegt bei beeindruckenden 200 Kilogramm pro Jahr. Weißbrot, das kein Sauerteig ist, verwandelt sich bereits auf der Zunge in Zucker und trägt maßgeblich zur kohlenhydratlastigen Ernährung bei.
Kritische Mikronährstoffmängel in der türkischen Bevölkerung
Die Versorgung mit essentiellen Mikronährstoffen ist in der türkischen Bevölkerung unzureichend. Besonders kritisch ist die Eisenversorgung: Türkische Frauen weisen durchschnittliche Ferritinwerte von nur 10 bis 15 auf, bei Männern liegen die Werte zwischen 30 und 40. Problematisch ist dabei, dass in der medizinischen Praxis meist nur das Serumeisen gemessen wird, während das Ferritin-Depot, das für die Eisenspeicherung verantwortlich ist, völlig außer Acht gelassen wird.
Überraschenderweise liegt auch die Vitamin-D-Versorgung trotz der geografischen Lage im Mittelmeerraum bei lediglich 20 bis 25 Nanogramm pro Milliliter. Obwohl Vitamin D zunehmend Beachtung findet und teilweise supplementiert wird, sind andere Mikronährstoffe wie Magnesium weitgehend unbekannt. Wird Magnesium eingenommen, geschieht dies meist in Dosierungen, die keine therapeutische Wirkung entfalten können. Ebenso problematisch ist die Versorgung mit Folat, Vitamin B12 und Calcium. Und auch der TSH-Basalwert liegt häufig zwar noch innerhalb der Referenzwerte, jedoch meist am unteren oder oberen Rand, was auf suboptimale Schilddrüsenfunktionen hinweist.
Besondere Stressbelastung türkischer Führungskräfte
Die Studie von Dr. Altindag konzentrierte sich auf Führungskräfte, da diese einer besonderen Stressbelastung ausgesetzt sind. Dr. Altindag konnte aus seiner 30-jährigen Berufserfahrung in verschiedenen Bereichen, insbesondere im Einzelhandel als Geschäftsführer mit bis zu 4.000 Mitarbeitern, die enormen Auswirkungen von chronischem Stress auf die eigene Gesundheit nachvollziehen. Die permanente Erreichbarkeit, insbesondere über WhatsApp, bei der innerhalb von 30 Minuten eine Antwort erwartet wird, führt zu chronischer Erschöpfung. Hinzu kommen tägliche Pendelzeiten von bis zu drei Stunden im dichten Verkehr und die ständige Unsicherheit durch Währungsschwankungen. Im Gegensatz zum stabilen Euroraum müssen türkische Manager täglich abschätzen, wie sich die türkische Lira im Vergleich zum Euro oder Dollar entwickelt, was die Geschäftsführung erheblich erschwert.
Studiendesign und Teilnehmerauswahl
An der Studie nahmen 15 Probanden im Alter von 35 bis 65 Jahren teil, allesamt Geschäftsführer und Unternehmensinhaber mit großem Einfluss. Diese Führungskräfte haben zusammen circa 100.000 Mitarbeitende unter sich. Die strategische Überlegung dahinter war, dass eine Überzeugung dieser 15 Personen einen Multiplikatoreffekt auf das mittlere Management und letztendlich auf alle Mitarbeiter haben könnte. Viele der Teilnehmer waren sich der Unterscheidung zwischen Gesundheitsmanagement und Krankheitsmanagement nicht bewusst und nahmen verschiedene Medikamente zur Symptomunterdrückung ein. Ausgeschlossen wurden Personen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Herzinfarkten oder onkologischen Erkrankungen, um nicht in laufende Behandlungen zu intervenieren.
Umfassende Diagnostik und innovative Messverfahren
Zu Beginn und am Ende der Untersuchung wurden umfassende Blutanalysen durchgeführt. Der Fokus lag auf dem Blutbild, dem Fettprofil und den Aminosäuren. Besonders innovativ war die Messung des Cortisol-Tagesprofils in vier Phasen, da in der Türkei üblicherweise nur das nüchtern gemessene Cortisol im Blut bestimmt wird. Die Ergebnisse zeigten dramatische Defizite: Die Cortisol-Kurve am frühen Morgen war bei vielen Teilnehmern so flach, dass sie kaum mehr erkennbar war. Viele wiesen Cortisol-Werte unter drei oder sogar unter zwei auf. Auch die Untersuchung des funktionellen Energiestoffwechsels und der Aminosäuren stellte für Istanbul, das sich zu einem wichtigen Zentrum für Gesundheitstourismus mit 14 Millionen Gesundheitstouristen entwickelt hat, absolutes Neuland dar.
Herausforderungen bei speziellen Laboruntersuchungen
Einige geplante Untersuchungen konnten aufgrund logistischer Schwierigkeiten nicht durchgeführt werden. IFAP-Analysen sind derzeit in der Türkei nicht möglich und müssen nach Deutschland geschickt werden. Zolltechnische Hürden verhinderten sowohl den Export aus der Türkei als auch den Import nach Deutschland. Besonders bedauerlich war, dass Blutuntersuchungen für die Mitochondrienanalyse am Leipziger Zoll hängen blieben und nicht ausgeführt werden konnten, obwohl diese Ergebnisse hochinteressant gewesen wären.
Gezielte Supplementierung ohne Ernährungsumstellung
Die Supplementierung erstreckte sich über einen Zeitraum von 12 Wochen, der gesamte Untersuchungszeitraum betrug 18 Wochen. Das Besondere an diesem Ansatz war die bewusste Begrenzung auf wenige, aber hochwertige Produkte. Eingesetzt wurden Mikronährstoffe von HCK, Magnesium und Omega 3 von King Nature, Omega 3 von Norsan sowie Balans von King Nature. Die Manager mussten lediglich zweimal täglich ihre Supplemente einnehmen, was die Durchführbarkeit im stressigen Führungsalltag gewährleistete. Entscheidend war, dass im Gegensatz zu vielen anderen Forschungsarbeiten im Masterstudiengang Mikronährstofftherapie und Regulationsmedizin keinerlei Ernährungsumstellung vorgenommen wurde (Goldstandard ist hier sonst immer der Glycoplan von Dr. Kurt Mosetter), die Teilnehmer sollten ihre gewohnten Essgewohnheiten beibehalten.
Signifikante Verbesserungen der Laborwerte
Die Ergebnisse der Studie zeigten beeindruckende Verbesserungen in nahezu allen untersuchten Parametern. Der Vitamin-D-Spiegel konnte deutlich erhöht werden, was für die allgemeine Gesundheit von grundlegender Bedeutung ist. Der Omega-3-Index, der initial bei katastrophalen Durchschnittswerten von circa 3 lag, stieg auf über 6 an. Der HbA1c-Wert blieb weitgehend unverändert, was bestätigt, dass tatsächlich keine Ernährungsumstellung stattfand und die Teilnehmer weiterhin ihre gewohnte, kohlenhydratreiche Kost zu sich nahmen.
Besonders bemerkenswert waren die Verbesserungen bei den Aminosäuren. Tyrosin, das eine zentrale Rolle im Energiestoffwechsel spielt, erhöhte sich deutlich. Auch Phenylalanin als Vorläuferstoff für die Serotonin- und Dopaminsynthese zeigte signifikante Steigerungen. Die Triglyceride konnten gesenkt werden, während Cholesterin und LDL-Cholesterin nur geringe Veränderungen aufwiesen, was bei unveränderter Ernährung zu erwarten war.
Arginin-Supplementierung bei männlichen Führungskräften
Ein besonderer Fokus lag auf der Supplementierung mit Arginin, da die überwiegend männlichen Teilnehmer dramatisch niedrige Ausgangswerte aufwiesen. Die gezielte Mikronährstoffzufuhr führte zu deutlichen Erhöhungen der Arginin-Werte, die zum Zeitpunkt T1 am unteren Rand lagen. Diese Verbesserung ist für die kardiovaskuläre Gesundheit und die allgemeine Vitalität von großer Bedeutung.
Normalisierung des Cortisol-Tagesprofils
Die Messung des Cortisol-Tagesprofils zu vier verschiedenen Zeitpunkten ermöglichte eine differenzierte Betrachtung der Stresshormon-Regulation. Sowohl zum Kontrollzeitpunkt T1 als auch zu T2 konnten deutliche Verbesserungen erreicht werden. Besonders die Abendwerte normalisierten sich, was für einen gesunden Schlaf-Wach-Rhythmus essentiell ist. Alle Teilnehmer berichteten übereinstimmend, dass sie sich deutlich besser fühlten. Ein Teilnehmer, einer der größten Unternehmer der Türkei in seinem Bereich, äußerte, dass sich bisher niemand so intensiv um seine Gesundheit gekümmert habe.
Optimierung der Schilddrüsenfunktion und Spurenelemente
Auch der TSH-Wert zeigte deutliche Verbesserungen. Viele Teilnehmer konnten in den optimalen Bereich zwischen 1,6 und 2,4 gebracht werden. Die Magnesium-Werte verbesserten sich ebenso wie die Zink-Versorgung. Das Laktat-Pyruvat-Verhältnis, ein wichtiger Marker für den Energiestoffwechsel, entwickelte sich positiv, was eines der Hauptziele der Studie darstellte.
Subjektive Verbesserungen und Lebensqualität
Neben den objektiven Laborparametern zeigten sich auch deutliche subjektive Verbesserungen. Alle Teilnehmer berichteten von reduziertem Stresslevel, besserer Lebensqualität und vor allem deutlich verbessertem Schlaf. Während zuvor viele nur wenige Stunden schliefen, erreichten sie nun durchschnittlich 20 bis 21 Stunden pro Woche an erholsamem Schlaf. Die erzielten Resultate überzeugten die meisten Teilnehmer so nachhaltig, dass viele von ihnen weiterhin betreut werden.
Vision für betriebliches Gesundheitsmanagement
Dr. Altindag hat seine Geschäftsführertätigkeit aufgegeben, um sich vollständig der Gesundheitsförderung zu widmen und einen Meilenstein in der Präventivmedizin zu setzen. Die Aufklärungsarbeit hat bereits Früchte getragen. Das erklärte Ziel ist es, dieses Konzept in die Unternehmenspolitik zu integrieren.
Anstatt Mitarbeiter lediglich für ein paar Tage nach Antalya zu schicken, sollten Unternehmen ihren Führungskräften und Mitarbeitern ermöglichen, sich umfassend untersuchen zu lassen, sie während der Supplementierung zu begleiten und verschiedene Gesundheitsseminare anzubieten. Nur so kann ein nachhaltiges betriebliches Gesundheitsmanagement etabliert werden, das nicht nur Symptome unterdrückt, sondern echte Prävention betreibt.
Schauen Sie sich das gesamte Video dieser beeindruckenden Präsentation an, um noch mehr Einblicke in die innovative Studie von Dr. Mustafa Altindag zu gewinnen und zu erfahren, wie gezielte Mikronährstoff-Supplementierung auch ohne Ernährungsumstellung signifikante Verbesserungen der Gesundheit und Leistungsfähigkeit von Führungskräften bewirken kann.