Hilft Mikronährstofftherapie bei Pollenallergie und Heuschnupfen: Wissenschaftliche Erkenntnisse und praktische Anwendung

Der Frühling naht und damit auch neben warmen Temperaturen und wieder mehr Zeit in der Natur auch die Heuschnupfen- und Pollenallergie-Saison. Doch die Wissenschaft bietet zahlreiche Ansätze, sich zu wappnen: In einem aufschlussreichen Vortrag auf dem 16. internationalen Fachkongress für Regulations- und Orthomolekulare Medizin präsentierte unser wissenschaftlicher Leiter Prof. Dr. Elmar Wienecke die Ergebnisse einer retrospektiven Interventionsstudie zum Einfluss von Mikronährstoffen auf Pollen- und Hausstauballergien. Die Erkenntnisse dieser Studie sind nicht nur für Allergiker interessant, sondern bieten auch wertvolle Einblicke für Therapeuten und Ärzte.

Die Studienpopulation und Methodik

Die Studie von Prof. Wienecke umfasste 76 Probanden, sowohl männlich als auch weiblich, mit einem Durchschnittsalter von 52 Jahren. Ein wichtiges Auswahlkriterium war, dass die Teilnehmer sowohl unter Pollen- als auch unter Hausstauballergien litten. Um die Ergebnisse nicht zu verfälschen, wurden Personen mit schwerwiegenden Vorerkrankungen oder umfangreicher Medikamenteneinnahme von der Studie ausgeschlossen.

Die Probanden wurden in zwei Gruppen eingeteilt:

  1. Gruppe 1: Erhielt Mikronährstoffe und änderte ihr Ernährungsverhalten
  2. Gruppe 2: Änderte nur ihr Ernährungsverhalten

Beide Gruppen folgten dem sogenannten „Glykoplan“ von Kurt Mosetta, einem Ernährungskonzept, das als Basis für die Studie diente.

Die verabreichten Mikronährstoffe und ihre Wirkweisen

Die Teilnehmer der ersten Gruppe erhielten folgende Mikronährstoffe in spezifischen Dosierungen:

Vitamin C

Wirkweise: Vitamin C wirkt als natürliches Antihistaminikum und kann die Freisetzung von Histamin aus Mastzellen reduzieren. Es stärkt zudem die Schleimhautbarrieren und hat antioxidative Eigenschaften.

Weitere Studienergebnisse: Johnston et al. zeigten in ihrer Studie (s.u.), dass 2g Vitamin C täglich die Histaminwerte im Blut um etwa 40% senken können. In der Studie von Prof. Wienecke wurde beobachtet, dass ab einer Vitamin C-Konzentration von etwa 12 mg/dl im Blut über 90% der Probanden kaum noch allergische Beschwerden zeigten.

Vitamin B12

Wirkweise: Vitamin B12 unterstützt die Immunregulation und kann Entzündungsprozesse modulieren. Es spielt eine wichtige Rolle bei der Zellerneuerung, besonders in den Schleimhäuten.

Während spezifische Studien zu Vitamin B12 und Allergien begrenzt sind, zeigen klinische Beobachtungen, dass es als Teil einer kombinierten Mikronährstofftherapie zur Verbesserung allergischer Symptome beitragen kann.

Vitamin D

Wirkweise: Vitamin D reguliert das Immunsystem und kann überschießende allergische Reaktionen dämpfen. Es beeinflusst die T-Zell-Funktion und die Produktion von entzündungsfördernden Zytokinen.

Weitere Studienergebnisse: Jerzynska et al. führten eine randomisierte, placebokontrollierte Studie durch, die belegte, dass Vitamin-D-Supplementierung (1000 IU/Tag) die Symptome allergischer Rhinitis signifikant verbesserte und den Bedarf an Antihistaminika reduzierte.

Vitamin E

Wirkweise: Vitamin E ist ein starkes Antioxidans, das oxidativen Stress reduziert und entzündliche Prozesse hemmen kann. Es unterstützt die Integrität der Zellmembranen.

Weitere Studienergebnisse: Eine Studie von Shahar et al. zeigte, dass höhere Vitamin-E-Spiegel mit einer geringeren Prävalenz von allergischer Rhinitis assoziiert sind.

Zink

Wirkweise: Zink unterstützt die Immunregulation und Schleimhautgesundheit. Es ist an über 300 enzymatischen Prozessen beteiligt und kann die Mastzellstabilität verbessern.

Weitere Studienergebnisse: Rerksuppaphol & Rerksuppaphol demonstrierten in einer klinischen Studie mit 60 Kindern, dass eine 8-wöchige Zinksupplementierung zu einer signifikanten Verbesserung der Symptome allergischer Rhinitis führte.

Selen

Wirkweise: Selen ist ein wichtiges Antioxidans, das entzündliche Prozesse reduzieren kann. Es unterstützt die Glutathionperoxidase, ein wichtiges antioxidatives Enzym.

Weitere Studienergebnisse: Eine Studie von Dunstan et al. zeigte, dass Selensupplementierung die Schwere allergischer Symptome reduzieren kann.

Glutamin

Wirkweise: Glutamin stärkt die Darmbarriere und kann einem „Leaky Gut“ entgegenwirken. Es ist die Hauptenergiequelle für Enterozyten und unterstützt die Regeneration der Darmschleimhaut.

In der Studie von Prof. Wienecke wurde beobachtet, dass Glutamin eine enorme positive Auswirkung auf den Darmtrakt und die Ökonomisierung der Darmflora hat.

Arginin

Wirkweise: Arginin unterstützt die Gefäßfunktion und kann die Durchblutung verbessern. Es spielt eine Rolle bei der Immunmodulation und kann entzündliche Prozesse beeinflussen.

Während spezifische Studien zu Arginin und Allergien begrenzt sind, zeigt es in Kombination mit anderen Mikronährstoffen positive Effekte.

Omega-3-Fettsäuren (EPA und DHA, insgesamt etwa 3400 mg täglich)

Wirkweise: Omega-3-Fettsäuren reduzieren die Produktion entzündungsfördernder Eicosanoide und können die Bildung von Resolvinen fördern, die aktiv Entzündungen auflösen.

Weitere Studienergebnisse: Eine systematische Review und Metaanalyse von Miyata & Arita zeigte, dass Omega-3-Fettsäuren allergische Reaktionen durch mehrere Mechanismen reduzieren können.

Studienerkenntnisse zur positiven Wirkung von Mikronährstoffen bei Heuschnuppfen und Pollenallergie

Die Studie von Professor Wienecke brachte einige überraschende und vielversprechende Ergebnisse zutage:

  1. Vitamin C-Konzentration: Bei der Gruppe, die sowohl Mikronährstoffe einnahm als auch ihr Ernährungsverhalten änderte, stieg die Vitamin C-Konzentration im Blut auf etwa 12 mg pro Deziliter. Ab dieser Konzentration zeigten über 90% der Probanden kaum noch allergische Beschwerden.
  2. Darmgesundheit: Zu Beginn der Studie wiesen beide Gruppen ein erhöhtes Zonulin auf, was auf eine erhöhte Darmdurchlässigkeit (Leaky Gut) hindeutet. Nach der Intervention zeigte die Gruppe mit Mikronährstoffeinnahme und Ernährungsumstellung eine deutliche Verbesserung der Darmgesundheit, während die Gruppe ohne Mikronährstoffe weiterhin erhöhte Zonulin-Werte aufwies.
  3. Beschwerdefreiheit: Die Gruppe, die Mikronährstoffe einnahm und ihr Ernährungsverhalten änderte, erreichte eine beeindruckende 98%ige Beschwerdefreiheit bei Hausstaub- und Pollenallergien. Die Kontrollgruppe, die nur ihr Ernährungsverhalten änderte, verzeichnete lediglich eine Verbesserung von 15-20%.
  4. Insulinresistenz: Ein interessanter Nebeneffekt war die Verbesserung des HbA1c-Wertes, der ein Indikator für die Insulinresistenz ist. Die Gruppe mit Mikronährstoffeinnahme und Ernährungsumstellung konnte ihren HbA1c-Wert von durchschnittlich 5,7% auf 5,3% senken, was auf eine verbesserte Insulinsensitivität hindeutet.
  5. Immunkompetenzen: Die Studie zeigte auch, dass die Einnahme von Mikronährstoffen in Kombination mit einer Ernährungsumstellung zu einer deutlichen Verbesserung der Immunkompetenz führte.

Die Bedeutung der Ernährung

Ein zentraler Aspekt der Studie war die Erkenntnis, dass die alleinige Einnahme von Mikronährstoffen ohne Änderung des Ernährungsverhaltens nur begrenzte Wirkung zeigte. Prof. Wienecke betonte, dass die Sanierung des Darmtrakts durch eine angepasste Ernährungsweise eine entscheidende Rolle spielt. Erst wenn der Darm gesund ist, können die zugeführten Mikronährstoffe effektiv aufgenommen werden ihre volle Wirkung im Gewebe entfalten.

Implikationen für die Praxis

Die Ergebnisse dieser Studie haben weitreichende Implikationen für die Behandlung von Allergien:

  1. Ganzheitlicher Ansatz: Die Kombination aus Mikronährstofftherapie und Ernährungsumstellung scheint besonders effektiv zu sein.
  2. Individualisierte Therapie: Die Dosierungen der Mikronährstoffe wurden individuell angepasst, was auf die Notwendigkeit einer personalisierten Behandlung hinweist.
  3. Präventionspotenzial: Der Ansatz könnte nicht nur zur Behandlung, sondern auch zur Prävention von Allergien genutzt werden.
  4. Kosteneffizienz: Angesichts der hohen Behandlungskosten für allergische Erkrankungen in Deutschland (mehrere Milliarden Euro jährlich) könnte dieser Ansatz ein erhebliches Einsparpotenzial auf gesellschaftlicher Ebene für die Krankenkassen und auf persönlicher Ebene für individuelle Patient:innen bieten.

Mikronährstofftherapie mit optimaler Ernährung kann wesentliche Verbesserungen für Allergie-Patienten bringen

Die vorgestellte Studie liefert überzeugende Hinweise darauf, dass eine gezielte Mikronährstofftherapie in Kombination mit einer angepassten Ernährung ein vielversprechender Ansatz zur Behandlung von Pollen- und Hausstauballergien sein kann. Die beobachteten Verbesserungen in Bezug auf Beschwerdefreiheit, Darmgesundheit und Immunkompetenzen sind beeindruckend.

Für Allergiker:innen und Therapeuten:innen bieten diese Erkenntnisse neue Perspektiven und Hoffnung auf eine effektivere Behandlung von Allergien. Es bleibt abzuwarten, wie sich dieser Ansatz in Zukunft entwickeln und in die medizinische Versorgung integrieren wird.

Hier können Sie sich Prof. Wieneckes Vortrag zur Frage Wie helfen Mikronährstoffe bei Allergien und Heuschnupfen? noch einmal anschauen:

 

Internationale Studien und Quellen dazu, wie Mikronährstoffe bei Heuschnupfen und Pollenallergie unterstützen können:

ohnston, C. S., Martin, L. J., & Cai, X. (1992). Antihistamine effect of supplemental ascorbic acid and neutrophil chemotaxis. Journal of the American College of Nutrition, 11(2), 172-176. https://doi.org/10.1080/07315724.1992.10718214

Jerzynska, J., Stelmach, W., Rychlik, B., Lechańska, J., Podlecka, D., & Stelmach, I. (2018). The clinical effect of vitamin D supplementation combined with grass-specific sublingual immunotherapy in children with allergic rhinitis. Allergy and Asthma Proceedings, 39(1), 66-72. https://doi.org/10.2500/aap.2018.39.4110

Shahar, E., Hassoun, G., & Pollack, S. (2004). Effect of vitamin E supplementation on the regular treatment of seasonal allergic rhinitis. Annals of Allergy, Asthma & Immunology, 92(6), 654-658. https://doi.org/10.1016/S1081-1206(10)61428-0

Rerksuppaphol, S., & Rerksuppaphol, L. (2016). Efficacy of zinc supplementation in the management of children with persistent allergic rhinitis: a randomized controlled trial. Journal of Trace Elements in Medicine and Biology, 36, 39-43. https://doi.org/10.1016/j.jtemb.2016.03.017 D

unstan, J. A., Breckler, L., Hale, J., Lehmann, H., Franklin, P., Lyons, G., … & Prescott, S. L. (2007). Supplementation with vitamins C, E, β-carotene and selenium has no effect on anti-oxidant status and immune responses in allergic adults: a randomized controlled trial. Clinical & Experimental Allergy, 37(2), 180-187. https://doi.org/10.1111/j.1365-2222.2007.02657.x

Miyata, J., & Arita, M. (2015). Role of omega-3 fatty acids and their metabolites in asthma and allergic diseases. Allergology International, 64(1), 27-34. https://doi.org/10.1016/j.alit.2014.08.003

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